Tischlern ohne Strom? Was soll das denn? Wenn Sie sich diese Frage stellen, dann will ich hier berichten, wie es zu diesem Blog kam.
Schon immer interessiere ich mich für Holzbearbeitung. Seit dem Werkunterricht in der Schule habe ich immer mal wieder den einen oder anderen Gegenstand aus Holz hergestellt, soweit meine beschränkten Möglichkeiten – hinsichtlich vorhandener Werkzeuge und geeignetem Arbeitsplatz – das zuließen. Bisher habe ich dabei fast immer auf Material aus dem Baumarkt zurückgegriffen. Um es einfach zu machen, weil es schnell gehen sollte und weil ich es auch nicht besser wusste, habe ich Multiplex-Platten, stabverleimte Holzplatten und Kanthölzer verwendet, diese mit elektrischer Stichsäge, Schwingschleifer und Bohrmaschine bearbeitet und die Einzelteile dann mit Metallwinkeln, Schrauben und Weißleim miteinander verbunden. So entstanden Möbel, die zwar ihren Zweck mehr oder weniger erfüllten, aber doch sehr gebastelt aussahen.
Dann ergab sich durch einen Umzug die Möglichkeit, einen Kellerraum als Werkkeller zu nutzen, und diesen zunächst mit ausrangierten Küchen-Unterschränken zur Werkzeugaufbewahrung und einer 3 Meter langen Küchenarbeitsplatte als „Werkbank“ einzurichten. Um nun endlich in größerem Umfang werkeln zu können, habe ich mir auch gleich noch eine hochwertige Oberfräse samt Führungsschiene und zehnteiligem Fräsersatz zugelegt. Nun sollte es richtig losgehen!
Das erste kleine Projekt, ein Regal für meine vielen Gewürzgläser in der Küche, hat auch ganz gut geklappt. Mit der Fräse habe ich recht erfolgreich Nuten und Gehrungen an Buchen-Rechteckleisten aus dem Baumarkt angebracht. Etwas fummelig fand ich aber die viele Einstellerei an der Fräse: Frästiefe und Abstand vom Führungsanschlag waren jeweils zu berechnen und einzustellen. Wenn ich mich dabei vertan hatte, so machte sich dies erst nach dem Schnitt bemerkbar. Zu dumm, wenn die Fräsung dann zu tief geraten war!
Zwar war ich sehr angetan von der Präzision, die mit der Fräse möglich war, aber mich störten doch der Lärm (verstärkt durch den gleichzeitig laufenden Staubsauger zur Späneabsaugung) und die viele Einstellarbeit. Vollends frustriert war ich dann, als ich zur Herstellung von Tischbeinen Buchen-Quadratleisten von 30mm auf 20mm konisch zulaufend fräsen wollte. Obwohl ich alle Vorgaben hinsichtlich Drehzahl und Fräsrichtung beachtet hatte, riss mir das Holz mehrfach ein.
Das war für mich der Anlass, einmal über meine bisherige Arbeitsweise nachzudenken. Dabei stieß ich auch auf interessante Anregungen im Internet in Form von Blogs, Forenbeiträgen und Videos, die in mir den Wunsch aufkommen ließen, mehr von Hand zu arbeiten und mich an traditionellem Tischlerwissen zu orientieren. Ich begann mich dafür zu interessieren, wie Möbel früher angefertigt wurden, bevor durch die Industrialisierung verstärkt Maschinen zum Einsatz kamen und in Serie gefertigt wurde.
Ich besorgte mir Bücher über Biedermeier-Möbel (eine Stilrichtung, die mir durch ihre Schlichtheit außerordentlich gut gefällt) und über Holzbearbeitung. So lernte ich die alten Handwerkzeuge kennen, erfuhr einiges über traditionelle Holzverbindungsarten im Tischlerhandwerk, informierte mich über verschiedene Holzarten und ihre Eigenschaften.
Dann grub ich einen Holzhobel wieder aus, den ich mir einmal im Baumarkt gekauft hatte. Dieser war – wie ich heute weiß – extrem billig gemacht, und damals hatte ich ihn nach wenigen Hobelstößen enttäuscht in der Versenkung verschwinden lassen, weil ich nicht auf Anhieb damit zurecht kam. Jetzt, nachdem ich mich mit verschiedenen Handhobel-Typen und deren Einstellung und Anwendung in der Theorie vertraut gemacht hatte, nahm ich ihn wieder zur Hand, schärfte das Eisen nach allen Regeln der Kunst, die ich mir angelesen hatte, stellte die Hobeltiefe so gering ein, wie es mir gelang, und probierte es nochmal aus. Und sehe da: es gelang mir, eines meiner Tischbeine halbwegs in die gewünschte Form zu hobeln. Und es machte Spaß, den Hobel über das Holz zu führen, zu spüren, wie sich das Messer mit einem sanften „Ssssssst!“ durch das Holz schnitt und ein Span nach dem anderen sich aus dem Hobelkasten heraus kringelte.
Ich wusste inzwischen, wie sehr mein Billig-Hobel (von der Bauart her eine Art Schlichthobel) sich preislich und äußerlich von einem hochwertigen Markenhobel unterscheid, und nun wollte ich wissen, wie sich dieser Unterschied in der Handhabung anfühlt. Also bestellte ich mir einen Putzhobel (mit Doppeleisen und Weißbuchensohle). Mit diesem hobelte ich dann die restlichen Tischbeine – und war begeistert! Mit Hilfe einer selbst gebauten Vorrichtung gelang es mir, alle vier Tischbeine konisch zu hobeln. Dabei hinterließ das Hobelmesser eine wunderschön glatte Oberfläche. Nach und nach gelang es mir, das Messer so genau einzustellen, dass ich hauchdünne Späne abheben konnte.
Jetzt war mein Ehrgeiz geweckt, den kompletten Tisch in Handarbeit herzustellen. Ich kaufte mir also noch eine Feinsäge und ein Stemmeisen in der passenden Größe, um gestemmte Zapfen zur Verbindung der Zargen mit den Tischbeinen herstellen zu können. Davon, dass die erste Zapfenverbindung etwas schief wurde und ein wenig Spiel aufwies, ließ ich mich nicht gleich entmutigen. Und bei den weiteren sieben Verbindungsstellen klappte es von Mal zu Mal besser. Ich lernte aus eigener Erfahrung und aus Internet-Videos, worauf zu achten war und welche Tricks und Kniffe man anwenden kann.
Nun wollte ich auch nicht mehr mit Weißleim arbeiten, und so entschloss ich mich, die Teile meines Tischgestells nach alter Väter Sitte mit Knochenleim zu verbinden. Für den ersten Versuch nahm ich einfache Blattgelatine, die ich sowieso in der Küche hatte. Dabei handelt es sich um nichts anderes als besonders gereinigten, für den Verzehr geeigneten Knochenleim. Am Ende war ich beeindruckt, wie stabil die Verleimung geworden ist – kein Unterschied zu Weißleim, aber ohne Chemie und vollständig aus natürlichen Stoffen.
Der Tisch ist noch nicht fertig, es fehlt noch die Tischplatte. Aber bereits jetzt ist für mich klar, in welche Richtung mich mein weiterer Weg als Hobby-Tischler führen soll:
- ich will ganz überwiegend nur mit traditionellen Handwerkzeugen arbeiten, wie sie bis zum Beginn des Industriezeitalters vor 200 Jahren in Gebrauch waren.
- ich will nach und nach lernen, traditionelle Verbindungstechniken des Tischlerhandwerks einzusetzen: Zinken, Schwalbenschwänze, Zapfenverbindungen in ihren verschiedenen Ausführungen
- ich möchte natürliche Materialien einsetzen, also Vollholz, Glutin- bzw. Kaseinleim, Öl, Wachs, vielleicht auch einmal Schellack
Um meinen Weg zu dokumentieren und um Gleichgesinnte zum Nachmachen und zum Erfahrungsaustausch anzuregen, habe ich heute diesen Blog ins Leben gerufen.
Sicherlich wird mir nicht alles gelingen, und ich werde bestimmt auch manchmal an meinen eigenen Ansprüchen scheitern. Auch davon will ich berichten. Ich bin kein Profi, und ich muss mit meiner Hobby-Tischlerei kein Geld verdienen. Deshalb kann ich es mir leisten, langsam zu arbeiten und den Weg das Ziel sein zu lassen.
Ich wünsche allen Besuchern meiner Seite viel Spaß beim Lesen und freue mich auf Anregungen und Erfahrungsaustausch.